Brasilien ist wohl das gemischteste Volk der Erde. Ursprünglich vier Bevölkerungsgruppen bilden die brasilianische Bevölkerung. Sie sind heute jedoch so umfassend vermischt, dass eine klare Zuordnung oft nicht mehr möglich ist. Diese Gruppen sind:
* Portugiesen, die ursprünglichen Kolonialisten
* Afrikaner, die als Sklaven nach Brasilien, vor allem an die nördliche Küste, verschleppt wurden. Der größte Teil der afroamerikanischen Bevölkerung ist daher im Nordosten anzutreffen.
* Verschiedene Immigrantengruppen, hauptsächlich aus Europa (Italiener, Deutsche, Spanier), dem Nahen Osten und Asien, die sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Brasilien angesiedelt haben. Seit 1818 sind über 300.000 Deutsche eingewandert, die vor allem im Süden Brasiliens regelrechte deutsche Kolonien gebildet haben. Eine große japanische Bevölkerungsgruppe lebt vor allem in São Paulo, außerdem viele Polen, vorwiegend in Paraná.
* Einheimische Volksgruppen der Tupí- und Guaraní-Sprachfamilien (200 ethnische Gruppen mit insgesamt etwa 500.000 Mitgliedern). Etwa 10 Prozent der Fläche Brasiliens ist auf ausgeschriebenen Territorien für die indigene Bevölkerung Brasiliens reserviert. Trotzdem kommt es häufig zu Landnutzungskonflikten um die rohstoffreichen indigenen Territorien.
Etwa die Hälfte der brasilianischen Bevölkerung hat einen nicht unerheblichen Anteil afrikanischer Vorfahren, die vom 16. bis zum 19. Jahrhundert als afrikanische Sklaven in das Land gebracht wurden. Die Schwarzen haben sich jedoch im Laufe der Zeit stark mit der europäisch stämmigen Bevölkerung vermischt. Heute bezeichnen sich rund 49,9 Prozent der Brasilianer selbst als Weiße, 43,2 Prozent als Mischlinge (pardo) und 6,3 Prozent als Schwarze, 0,7 Prozent als Gelbe oder Indigene.
Die Brasilianer sind bemerkenswert lebensfreudig, optimistisch und tranquilo [trankuilo] (gelassen) und können mit ihrer guten Laune schnell anstecken. Insgesamt gehen die Uhren in Brasilien etwas langsamer, man hat immer Zeit für einen bate-papo, einen kleinen Tratsch. Pünktlichkeit gehört nicht gerade zu den Stärken der Brasilianer. Brasilianer sind ausgesprochen gastfreundlich und ausländischen Besuchern äußerst aufgeschlossen, „fazer amizades“[faser amisadschis] (Freundschaften schließen) heißt ihr Lebensmotto, so kann es auch schon mal vorkommen, dass man in der Schlange vor dem Geldautomat für ein Wochenende in das Strandhaus des in der Schlange vor einem Wartenden eingeladen wird. Gleichzeitig sollten Versprechen von Brasilianern, die Sie noch nicht so lange kennen, nicht allzu ernst genommen werden. Was schnell gesagt ist, ist noch lange nicht getan.
Die Familie spielt eine große Rolle im Leben eines jeden Brasilianers. Auf dem Land sind die Familienstrukturen noch sehr traditionell, während sie in den großen Städten immer mehr aufweichen, was aber das Zusammengehörigkeitsbewusstsein brasilianischer Familien kaum beeinträchtigt.
Das Leben in Brasilien spielt sich auf der Straße und im Freien ab. Jeder Brasilianer, der in der Nähe eines Strandes wohnt, schwärmt am Wochenende mit Sack und Pack inklusive Grill und Stereoanlage, zum nächstgelegenen Strand. Dabei sucht der Brasilianer nicht die Abgeschiedenheit und Ruhe. Am Strand mögen es die Brasilianer voll und laut. Hier tobt das pralle Leben. Sehen und gesehen werden ist das Motto. Es wird getanzt, gegessen, getrunken und Fußball, Fussballvolley oder Frescoball (eine Art Strandtennis) gespielt. Der Fußball ist in Brasilien heilig, ein verlorenes Spiel eine Tragödie, die durchaus sehr persönlich genommen wird.
Von den Brasilianern sagt man, sie seien weniger religiös als mystisch veranlagt. Sie streiten sich nicht um Dogmen oder den rechten Glauben, sondern sind eher auf der Suche nach dem wahren Seelenheil. So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass viele Brasilianer sowohl fromme Katholiken als auch Anhänger afrikanischer religiöser Kulte in einer Person sind. Die afrikanischen Kulte kamen mit den Sklaven nach Brasilien. Die Ausübung afrikanischer Religionen war während der Kolonialzeit verboten, was dazu führte, dass die Sklaven ihre orixas oder Gottheiten unter dem Deckmantel katholischer Heiliger weiter verehrten, was schließlich in einer Vermischung von Katholizismus und afrikanischen Religionen mündete. So ist es den Afro-Brasilianern gelungen, Teile ihrer afrikanischen Kultur und Religion zu bewahren. Ein bedeutendes Erbe ist zum Beispiel die afro-brasilianische Religion Candomblé, die vor allem im Nordosten des Landes von Millionen von Brasilianern ausgeübt wird. Die Anhänger des Candomblé, welcher dem Spiritismus zuzuordnen ist, verehren mehrere Götter und Geister. Statistisch gesehen sind noch etwa 90 Prozent der Bevölkerung Brasiliens katholisch. Die Tendenz ist jedoch abnehmend. Neben den afrobrasilianischen Religionen bilden seit den letzen Jahren auch verschiedene Pfingstpredigerbewegungen, die zwar im Christentum ihren Ursprung finden, traditionelle christliche Kirchen aber in der Regel ablehnen, eine ernst zu nehmende Konkurrenz zur katholischen Kirche. Auf der Suche nach Nähe und Heilserfahrung wandern insbesondere viele arme, in den Slums lebende Brasilianer zu den so genannte Pfingstkirchen, wie beispielsweise der Assembleia de Deus oder der Igreja Universal do Reino de Deus ab, die christliche und naturreligiöse Elemente miteinander verbinden und das Wirken des Heiligen Geistes predigen.
Amtssprache Brasiliens ist Portugiesisch. Das brasilianische Portugiesisch unterscheidet sich jedoch deutlich vom Portugiesischen in Portugal; auch in Bereichen der Grammatik. Brasilianer sprechen in einfacheren Strukturen, weicher und melodischer als die Portugiesen. Aber auch innerhalb Brasiliens gibt es Unterschiede in der Aussprache. So wird im Süden des Landes z.B. ein „te“ oder „de“ am Wortende „tschi“ bzw. „dschi“ ausgesprochen, während man im Norden eher „ti“ oder „di“ sagt.
Neben dem Portugiesischen existieren vor allem im Amazonasraum verschiedene indigene Sprachen. Sie lassen sich im Wesentlichen auf vier Sprachfamilien aufteilen: Tupí-Guaraní, Gê, Arawak und Karib. Das Tupí-Guaraní ist die am weitesten verbreitete. Viele Bezeichnungen, vor allem für Obst und Gemüse aber auch viele Ortbezeichnungen aus dem Tupí-Guaraní, bereichern das brasilianische Portugiesisch, so zum Beispiel abacaxi (Ananas), Guaraná (Frucht aus dem Amazonas und Nationalgetränk) oder Jericoacoara (Ort in der Nähe von Fortaleza).
Brasilien ist vielleicht das musikbesessenste Land der Erde. Die Musikstile und -richtungen Brasiliens sind so vielseitig wie seine Kultur. Vor allem unter jungen Leuten ist die „Musica Brasileira“ sehr beliebt. Amerikanische Musik wird eher gemieden. Die außerhalb des Landes wohl bekannteste Musikrichtung ist der Samba, Inbegriff des brasilianischen Karnevals. Historisch und begrifflich geht er auf einen angolanischen Tanz namens semba (Bauchnabel) zurück. 1928 wurde die erste Karnevals-Sambaschule Rios gegründet, gefolgt von einer reichen Differenzierung in verschiedene Richtungen wie z.B. den schnellen samba carnevalesco oder den langsamen, liederartigen samba canção. International ähnlich bekannt ist der Bossa Nova, der der musikalischen Szene Brasiliens mit „The girl from Ipanema“ zu internationalem Ruhm verhalf.
Nach dem Militärputsch von 1964 entstand im Nordosten der so genannte Tropicalismo. Teilweise gesellschaftskritische Texte wurden mit Rock-, Bossa Nova- und Capoeira-Rythmen kombiniert.
Exportschlager heute ist der brasilianische Funk, der in den Favelas entstanden ist und meistens den Alltag der sozial-marginalisierten Bevölkerungsgruppen thematisiert.
Capoeira ist ein weit verbreiteter Tanz-Kampfsport in Brasilien, von dem vermutet wird, dass er seinen Ursprung in den von den afrikanischen Sklaven ins Land gebrachten Kulten hat. Er verbindet Kampfkunst mit harmonischen Tanzbewegungen, Akrobatik, Musik und Spiritualität und zeichnet sich durch hohe Beweglichkeit und Geschicklichkeit aus. Die Kampftänze finden in einer Art gesellschaftlichen Runde, der „roda“ (Kreis), statt. Dabei treten immer zwei Capoeiristas gegeneinander an und werden von den umringenden Musikern und weiteren Capoeiristas mit rhythmischem Klatschen und Trommel, sowie Gesang unterstützt. Ziel ist es, den Gegner durch Kombinationen von sowohl angedeuteten, als auch ausgeführten Schlägen, Würfen, Drehsprüngen und Tritten zurückzudrängen und einzuschüchtern. Der Capoeirista bewegt sich dabei immer rhythmisch zur Musik. Im Mittelpunkt steht nicht die Aggressivität, sondern die Kreativität der Bewegungen. Capoeira hat seit 1974 in Brasilien den Status der Nationalsportart.
Die brasilianische Küche mit ihren zahlreichen regionalen Varianten ist einzigartig. Als eine Art Nationalgericht gilt die Feijoada, ein deftiger Eintopf aus schwarzen Bohnen, Rind- und Schweinefleisch, Speck, Knoblauch und Pfeffer. Traditionell wird es samstags zum Mittagessen zubereitet, mittlerweile wird es jedoch täglich vielerorts angeboten. Besonders beliebt bei Reisenden sind Churrascarias, bei denen nach dem „all you can eat“ Prinzip verschiedene Fleischspezialitäten angeboten werden. Die Kellner bringen abwechselnd Spieße mit gegrilltem Rind- und Schweinefleisch, Geflügel und Würsten an den Tisch und schneiden Portionen Ihrer Wahl ab. Dazu stehen, meist in Buffetform zahlreiche Beilagen zur Auswahl. Zum Alltag gehören auch die günstigen Buffet-Restaurants „buffet à quilo“, bei denen nach Gewicht bezahlt wird. Als typisch brasilianisches Getränk gilt der Caipirinha, ein Cocktail aus Cachaça (Zuckerrohrschnaps), Limonen, viel Eis und weißem Zucker. Aber auch für seine frisch gepressten Säfte ist das Land bekannt. Sehr zu empfehlen ist der Açaí. Dieser wird aus den Früchten der im Amazonasgebiet beheimateten Kohlpalme gewonnen und ist hochenergetisch und reich an pflanzlichen Proteinen, ein regelrechter Fitmacher nach einer anstrengenden Reise. Auch als geeistes Mus sehr zu empfehlen.